Nachdem in Supermärkten vermehrt „High-Protein“ auf den Verpackungen vieler Produkte steht, lohnt ein genauerer Blick — gerade für Familien mit Kindern und Jugendlichen.
Proteine sind natürlich in der Ernährung und auch für Kinder im Wachstum wichtig, das stimmt – aber nicht jedes empfohlene Lebensmittel und auch kaum High-Protein-Produkt ist automatisch gesund, und die Zusammensetzung macht den Unterschied.
In diesem Blogartikel schauen wir uns also an: Wie viel Eiweiß brauchen Kinder und Jugendliche? Wann können hochproteinhaltige Produkte sinnvoll sein? Und worauf sollten Familien im Alltag besonders achten?
Warum Protein überhaupt wichtig ist
Proteine (Eiweiße) sind bei Kindern und Jugendlichen zentral für Wachstum, Muskelaufbau, Immunsystem und Gewebereparatur. Ein Mangel kann die Entwicklung hemmen, aber ein Übermaß ist auch nicht automatisch besser. Kinder brauchen „normale“, ausgewogene Proteinzufuhr – nicht unbedingt die neuesten Trendprodukte mit dem „High-Protein“-Label.
Empfohlene Werte:
Laut mehreren Studien reicht bei Kindern 4–18 Jahren eine tägliche Proteinzufuhr im Bereich von z. B. 0,85–1,2 g pro kg Körpergewicht.
Eine solide Grundversorgung mit natürlichem Eiweiß ist essentiell – aber mehr ist nicht immer gleich besser - und warum das so ist und 7 einfache Praxistipps für eine ausgewogene proteinreiche Ernährung beleuchten wir näher in diesem Artikel.
High-Protein-Produkte: Was steckt dahinter?
Gerade in den letzten Jahren haben Hersteller viele Produkte mit dem Label „High-Protein“ versehen: Müsliriegel, Joghurts, Fertiggerichte, Chips mit extra Eiweiß etc. Solche Produkte beinhalten zwar oft mehr Eiweiß, aber gleichzeitig bringen manchmal auch andere negative Aspekte mit: teils viel (versteckten) Zucker, gesättigte Fett-Anteile, Zusatzstoffe oder ein hoher Grad an Verarbeitung.
Für Familien heißt das: Ein „High-Protein“-Snack ist nicht automatisch eine gesunde Wahl – insbesondere wenn er andere ungesunde Nährwerte mitbringt. Viele dieser Produkte gehören zu den sogenannten ultra-verarbeiteten Lebensmitteln (UPF = Ultra-Processed Foods). Studien zeigen, dass ein hoher Konsum solcher Lebensmittel bei Kindern und Jugendlichen mit schlechterer Gesundheit assoziiert ist: z. B. höheres Körpergewicht, schlechtere Stoffwechselwerte. weniger Nährstoffversorgung
In Bezug auf Proteinzufuhr heißt das: Das Etikett kann ablenken von der qualitativen Zusammensetzung eines Lebensmittels (Zucker-, Salz-, Fettgehalt, Zusatzstoffe, mangelnde Mikronähr- oder Ballaststoffe).
Für Kinder und Jugendliche gilt: Neben Eiweiß sind Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und eine gute Mahlzeitenstruktur besonders wichtig! In westlichen Ländern liegt die Eiweißaufnahme von Kindern und Jugendlichen ohnehin häufig zwei- bis dreimal höher als die Empfehlungen, insbesondere durch tierische Quellen.
Wenn der Bedarf bereits gedeckt ist, bringt eine überhöhte Proteinzufuhr bei gesunden Kindern keine Vorteile oder können sogar kontraproduktiv für eine ausgewogene Ernährung und somit Gesundheit sein!
Für Kinder und Jugendliche heißt das also entgegen dem aktuellen Trend: Der Fokus sollte nicht auf „so viel Eiweiß wie möglich“, sondern auf ausreichend und ausgewogen gelegt werden.
Familienalltag: Was können Eltern konkret tun?
Hier sind praktische Tipps, wie Familien mit Kindern und Jugendlichen eine gute Proteinversorgung sicherstellen und gleichzeitig gesunde Ernährung fördern können.
z. B. mageres Bio-Fleisch, Bio-Fisch, Bio-Eier, oder noch besser regionale Hülsenfrüchte, Bio-Milchprodukte oder Bio-Ersatzprodukte (Tofu, Tempeh, etc.), ungesalzene Nüsse und Samen. Diese liefern nicht nur Eiweiß, sondern auch wichtige Mikronährstoffe.
2. Mahlzeiten gezielt strukturieren und kontinuierlichen Rhythmus/gesunde Gewohnheiten schaffen:
3 ausgewogene Hauptmahlzeiten + 1–2 gesunde Snacks reichen. Achten Sie darauf, dass bei Snacks nicht nur der Proteingehalt zählt, sondern auch welche anderen Inhaltsstoffe und somit Nährwerte enthalten sind. Vermeiden Sie hochverarbeitete Produkte und versuchen Sie, Ihren Schulkindern und Jugendlichen so rasch wie möglich beizubringen, wie sie sich gesunde Jausen/Zwischenmahlzeiten oder Naschen selbst zubereiten können (Pudding, Porridge, Joghurt mit ungesalzenen Nüssen und Honig, Mikrowellenkuchen, etc.).
Essen Sie und Ihre Familie möglichst nicht neben dem Fernsehen, sondern nehmen Sie Mahlzeiten bewusst zu sich!
Achten Sie auf kleinere Portionsgrößen und vor allem die vernünftige Zusammenstellung am Teller mit vorwiegend Gemüse, Vollkornprodukten, gutem Protein aus Hülsenfrüchten oder Bio-Zutaten und weniger Fleisch bzw. fetthaltige Lebensmittel.
3. Ultra-verarbeitete Snacks begrenzen: Chips, zuckerhaltige Müsliriegel, stark verarbeitete „High-Protein“-Snacks – solche Lebensmittel sollten nur gelegentlich sein, nicht die Regel. Studien verbinden häufige UPF-Zufuhr bei Kindern mit negativen Gesundheitsfolgen.
4. Etiketten klug lesen:
Wenn Produkte mit „High Protein“ werben, prüfen Sie zusätzlich: Wie viel Zucker, Salz, gesättigte Fette enthält dieses? Wie viele Zutaten hat es insgesamt? Wie stark ist es verarbeitet?
5. Kinder für gesunde Ernährung gewinnen:
Kinder verstehen oft nicht, wie sich heutige Entscheidungen langfristig auswirken. Deshalb ist es hilfreich, den kurzfristigen Nutzen gesunder Ernährung zu betonen – etwa mit Aussagen wie:
„Das hilft dir, stark zu werden.
„Das lässt dich größer werden.
„Das gibt dir Energie zum Spielen.“
Wenn Kinder zögern, neue oder gesündere Lebensmittel zu probieren:
- Langsam umstellen: Verarbeitete Lebensmittel schrittweise reduzieren statt plötzlich ersetzen (z.B. Chips + Obst statt nur Chips).
- Essen optisch interessant gestalten: Obst und Gemüse farbenfroh oder spielerisch anrichten.
- Gemüse mit gesunden Dips servieren: z. B. Hummus oder Joghurt-Dips.
- Geduld zeigen: Kinder brauchen oft mehrere Versuche, um neue Speisen zu akzeptieren – jeder kleine Fortschritt zählt.
6. Gesunde Essgewohnheiten fördern:
- Gemeinsame Mahlzeiten als Familie: Regelmäßige Essenszeiten vermeiden ständiges Snacken.
- Gesunde Snacks griffbereit halten: Etwa Obst, Nüsse oder Vollkornprodukte.
- Vorbild sein: Kinder übernehmen Essverhalten, das sie bei Eltern sehen.
- Süßes und Fast Food nur ausnahmsweise und NICHT als Belohnung!: Keine kompletten Verbote, sondern „alles in Maßen“
- Kühlschrank und Vorratskammer bewusst füllen
7. Tipps für den Einkauf - am besten gemeinsam mit Kindern:
Gesunde Bereiche des Supermarkts zuerst besuchen: Gehen Sie dort zuerst hin, wo frische und unverarbeitete Produkte liegen. Lassen Sie Kinder selbst Obst oder Gemüse aussuchen und leiten Sie hier bei Bedarf an und motivieren Sie zum Ausprobieren neuer Produkte, aber berücksichtigen Sie die Wünsche Ihrer Kinder nach frischen Produkten so gut wie möglich!
Etiketten prüfen: Auf zugesetzten Zucker und Salz achten – auch bei Grundnahrungsmitteln wie Joghurt, Saucen oder Ketchup.
Verlockungen vermeiden: Keine stark verarbeiteten Snacks zuhause lagern; stattdessen z.B. Vollkornkekse, frische Früchte und Naturjoghurts zum selbst verfeinern mit gesunden Toppings!
Tiefkühlobst- und gemüse nutzen: Preiswerte und praktische Alternative, solange man sie als Varianten ohne Zusätze oder Zucker wählt.
Wenn Ihr Kind öfter Fast Food oder stark verarbeitete Snacks isst, ist es wichtiger, die Gesamtqualität der Ernährung zu verbessern, als nur den Proteingehalt - vor allem nicht durch noch mehr hochverarbieteten High-Protein-Produkten - zu erhöhen.
Erhöhte sportliche Aktivität oder spezielle Ernährungsformen:
Bei sehr aktiven Jugendlichen oder sportlichen Aktivitäten kann etwas mehr Protein sinnvoll sein – aber in den meisten Fällen gilt: ein ausgewogenes Essen deckt den Bedarf.
Ein hoher Proteinkonsum über stark verarbeitete Produkte ist nicht gleichbedeutend mit einer besseren Gesundheit. Tatsächlich kann er im Rahmen einer Ernährung mit vielen hochverarbeiteten Produkten nachteilig sein.
Jegliche spezielle Ernährungsformen (z. B. vegane Jugendliche, sehr aktive Jugendliche) sollten in Absprache mit Ärzt:innen oder Ernährungsfachkräften geplant werden — hier kann eine gezielte Proteinanpassung sinnvoll sein.
Fazit – die Balance macht’s
Proteine sind wichtig – aber nicht das einzige Kriterium. Viel wichtiger als „High-Protein“ auf der Verpackung ist die Qualität der Lebensmittel, die gesamte Ernährung und wie oft stark verarbeitete Produkte im Alltag vorkommen. Ein ausgewogenes Familienessen mit guten und möglichst natürlichen Bio-Proteinquellen, Gemüse, Vollkorn und minimal verarbeiteten Snacks ist die beste Basis.
Auch die Studienlage zeigt:
- Kinder und Jugendliche in Europa nehmen meist ausreichend Protein zu sich
- übermäßige Proteinzufuhr in der frühen Kindheit kann das Risiko für Adipositas im Schulalter erhöhen.
- ultra-verarbeitete Produkte (UPF) sind weit verbreitet und stehen im Zusammenhang mit schlechterer Ernährungsqualität und erhöhtem Risiko für Stoffwechselstörungen.
- Fokus auf vollwertige, stärker pflanzliche, wenig verarbeitete Ernährung - ähnlich der "mediterranen Ernährung" - ist gesundheitsfördernd
Wenn Ihr Kind normal isst, aktiv ist und keine gesundheitlichen Einschränkungen hat, ist eine ausgewogene Basis-Proteinzufuhr völlig ausreichend. Proteinhaltige Spezialprodukte (wie z.B. Proteinpulver am besten in Bio-Qualität) können gelegentlich sinnvoll sein (z. B. beim Sport oder wenn der Alltag wenig abwechslungsreich ist) – aber diese dürfen nicht als Ersatz für echte, gesunde Mahlzeiten dienen.
Also genießen Sie ein ausgewogenes Essen mit dann ohnehin ausreichend Protein!
Hinweis: Unser nächster Beitrag am 9.11. wird passende Rezepte zum Thema proteinreiche Ernährung beinhalten!
Quellen und weiterführende Informationen:
Optimal Protein Intake in Healthy Children and Adolescents (4-18 Jahre) – narrative review. PMC.
Dietary Recommendations for Protein Intake for Infants, Children and Adolescents – Health Promotion Knowledge Gateway.
Nutrition for Kids: Guidelines for a healthy diet – Mayo Clinic.
Association between consumption of ultra-processed foods and overweight in children/adolescents. Nature.
SENDO Project (Spanien): Ultra-verarbeitete Lebensmittel (UPF) und mangelnde Mikronährstoffaufnahme
Italian Nutrition & Health Survey (INHES Cohort)
HELENA Study – Portion Sizes and Nutrient Intake in Adolescents